Ganz in der Nähe von Castor, dem zweithellsten Stern im Sternbild Zwillinge (Gemini), findet man eine kleine, unscheinbare Gruppe von Galaxien. Im Aladin-Viewer (s. Screenshots) ist die Gruppe, deren drei hellsten Mitglieder IC2193, IC2196 und IC2194, rund 30min südwestlich von Castor, also rechts unterhalb zu sehen.
Links steht mit IC2196 eine E-Galaxie mit 14.0 mag (B-Helligkeit, Simbad). Geht man nach rechts oben, stößt man auf IC2193, ein Sb-Typ mit 14.7 mag. Und unter diesen beiden, sieht man ICI2194, die mit 15.1 mag die lichtschwächste Galaxie der Dreiergruppe ist. Bei Simbad ist für sie der Typ D genannt, in NASA NED ist keiner aufgeführt. Dem Aussehen nach ist IC2194 ein S0-Typ. Spiralarme wie bei IC2193 sind nicht zu erkennen. Die Galaxien befinden sich in einer Entfernung von rund 210 Millionen Lichtjahren. Aus ihren Winkelabständen, die 6′ bis 9′ messen, folgen projizierte Strecken zwischen 450.000 und 600.000 Lichtjahren.
In der NASA NED sind alle Informationen zu IC2194 aufgeführt, u.a. ist dort ein Spektrum zu sehen, mit der „Z-Machine“ auf dem Mount Hopkins, am 1.5m-Teleskop entstanden ist. Die Referenz hierzu lautet: The Updated Zwicky Catalog (UZC), Version of August 2000, based on 1999 PASP 111, Falco E. et al.. Die Spektren, die diese „Z-Machine“ benutzt, wurden in den Jahren 1978 bis 1993 erstellt, und zwar mit einem 600l/mm Gitter-Spektrografen und Integrationszeiten von 15 – 50 Minuten.
Beim IC2194-Spektrum wurde 8min belichtet und das Spektrum ist sehr verrauscht und man kann kaum Details erkennen: NASA NED Spektrum IC2194.
Ich habe bei meinem IC2194 Spektrum deutlich länger belichtet. Es kamen 6 x 20 Minuten zusammen. Im Vergleich zur Z-Machine habe ich das Kontinuum als Trend entfernt.
Im blauen Bereich ist IC2194 sehr lichtschwach und dadurch nimmt das Rauschniveau zum linken Rand hin deutlich zu. Aber selbst hier kann man noch die Calcium-Absorptionslinien erkennen.
Der Ausschnitt aus dem Spektrum zeigt sogar grob Liniendetails bei diesen Absorptionslinien – als Triplett beim Magnesium und als das bekannte Dublett bei Natrium.
Ganz allgemein kann man sagen, das ein Galaxienkern eine K-Sternspektrum ähnelt – eben weil in diesem Galaxien-Bulge, die ältesten Sterne der Galaxie zu finden sind. Die markantesten Absorptionslinien gehen auf Magnesium und Natrium zurück. Diese Linien sind rotverschoben und wenn man deren Wellenlänge misst, ergibt sich daraus die Fluchtgeschwindigkeit von IC2194.
Der Mittelwert der Messungen liefert eine Geschwindigkeit von 4231 +/- 158 km/s für IC2194. Diese Wert liegt nur 2,6% unter dem Literaturwert von 4343 km/s.
Die offizielle Entfernungsangabe für IC2194 geht auf die Z-Machine-Daten zurück – diese waren die Grundlage für den „CfA Redshift Survey“- Dieser sollte für alle Galaxien, die heller als 14.5 mag sind, und bei hohen galaktischen Breiten liegen, die Fluchtgeschwindigkeiten messen: The CfA Redshift Survey
Mit einer Blauhelligkeit von 15.1 mag dürfte IC2194 noch knapp in das Survey-Sample hineingerutscht sein. Wie nun genau bei den 18.000 Galaxien die Fluchtgeschwindigkeit gemessen wurde. Interessant ist nun, wenn man nachliest, wie die offizielle Fluchtgeschwindigkeit gemessen wurden – eben weil das Z-Machine-Spektrum sehr verrauscht ist und deutlich weniger Liniendetails enthält, verglichen mit meinem IC2194-Spektrum.
Wenn man nun etwas nachforscht, wie denn damals die Geschwindigkeit aus den Spektren bestimmt wurde, kommt man zum Artikel A survey of galaxy redshifts. I. Data reduction von J. Tonry und M.Davis (AJ 84, 1079). Das Prinzip ist dort beschrieben – und überraschenderweise werden nicht Linien vermessen, sondern es wird eine Kreuzkorrelation des Spektrums mit dem einer bekannten Galaxie errechnet, etwa von M32. Dabei verschiebt man das M32-Spektrum relativ zu Galaxienspektrum. Die Kreuzkorrelation misst, wie gut für eine bestimmte Wellenlängen-Verschiebung – also für eine bestimmte Geschwindigkeit – beim verrauschten Spektren das Kontinuum und die markanten Linien zum M32-Spektrum passen. Das Problem ist nun aber, dass die Kreuzkorrelationsfunktion rauschbedingt deutlich hin-und-her-zappelt, und es recht schwierig ist, deren Maximum sicher zu bestimmen. Das Verfahren bedingt auch, dass der Messfehler des Kreuzkorrelations-Peaks den wahren Fehler der Geschwindigkeitsbestimmung sicher unterschätzt.
Es kann also gut sein, dass meine Messung mit Hilfe der Absorptionslinien einen genaueren Wert für die Fluchtgeschwindigkeit von IC2194 liefert als der offizielle NASA NED Wert.
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