NGC 691 | Aries

Nicht nur für Astrofotografen bieten wechselwirkenden Galaxien interessante Motive. Das Wechselspiel zwischen Galaxien und ihrer Umgebung spielt eine große Rolle für die innere Struktur einer Galaxie. So kann z.B. etwa eine gestrippte Spiralgalaxie als S0-Typ enden (A.Dressler et al., 1997 ApJ), oder aber es können durch Kannibalismus in größeren Clustern riesige triaxiale elliptische Galaxien entstehen (G.J.Bendo und J.E.Barnes, 2000 MNRAS). Bei all diesen Interaktionen erfolgt durch die Gezeitenkräfte ein Materieaustausch, der sich viel stärker auf Gas als auf Sterne auswirkt. Eine Studie über das ISM (interstellar medium) an pekuliären Galaxien zeigt dies, da ‚polar ring‘ Galaxien einen ISM Anteil aufweisen, der eine Größenordnung über dem normaler Galaxien liegt (D.Bettoni et al., 2001 AA).

Ausgehend von dieser Beobachtung wurde in einer aktuellen Studie (V.Casasola et al., 2004 AA) die Frage gestellt, ob ein anhaltender ISM Austausch in pekuliären Systemen nachgewisen werden kann. Es wurde hierzu ein Sample von 1038 Mitgliedern aus den Katalogen von B.A.Vorontsov-Velyaminov (1959), H.Arp (1966) und H.Arp & B.F.Madore (1987) zusammengestellt und deren Daten bzgl. Staub, HI und molekularem Gas sowie Röntgenemission untersucht. Als Vergleichbasis diente ein Sample von 1916 normalen Galaxien.

Die statistische Auswertung zeigte, dass wechselwirkende Systeme einen signifikant höheren Gasanteil besitzen. Dabei zeigen pekuliäre E-Typen einen höheren Anteil an Staub und Gas, die pekuliären Spiralgalaxien haben normale Werte bei Staub und HI und zeigen nur beim molekularen Gas einen höheren Massenanteil. Betrachtet man die Röntgenemission (Einstein und ROSAT) zeigen die Pekuliären eine höhrere Leuchtkraft – dies gilt für die AGNs und die non-AGNs im Sample. Ebenso verhält es sich im infraroten Spektralbereich, wobei auffällt, dass eine Verbindung zur Sternentstehungsrate (SFR) gegeben sein kann: Entstehen durch Wechselwirkung junge Sterne, so führt deren Emission bei vorhandenem dichten molekularen Gas zur Infrarotemission (die SFR ist proportional zur IR-Leuchtkraft).

Der beobachtete Gas-Exzess könnte auf Gezeiten-Drehmomente zurückgehen, die einen Gasstrom von den Außenbereichen ins Zentrum bewirken – die Folge wäre ein Akkumulation von molekularem Gas. Ein Beleg hierfür ist die beobachtete starke CO-Emission (F.Combes et al., 1994 AA). Zusätzlich fällt auf, dass atomares Gas leichter als molekulares Gas bei der Wechselwirkung ausgetauscht wird. Eine völlig andere Deutung geht davon aus, dass die hohe molekulare Masse nicht real ist, sondern sich durch eine veränderung der physikalischen Bedingungen erklären lässt. Alle Berechnungen basieren auf einer Proportionalität zwischen den Linienflüssen und der molekularen Masse, die korreliert ist mit einem als konstant angenommenen CO/H2 Konversionsfaktor. Wenn nun dieser Faktor auf dem Weg in Zentrum abnehmen würde, wäre ein überschätzte Molukülmasse die Folge.

Da aber wenig Daten zur Variation der Metallizität vorliegen, erscheint die ‚dynamische Erklärung‘ als die wahrscheinlichere. Unterstützt wird diese These durch die bekannte Entstehungsgeschichte der ‚polar ring‘ Galaxien, bei denen die den Ring formende Materie nachweislich vom Wechselwirkungspartner akkretiert wurde.

Auf der Aufnahme erkennt man rechts oben die 3er Gruppe aus IC1730, NGC 680 und der auffälligen edge-on SB-Galaxie NGC 678 (v.l.). Durch dieses Trio läuft Spur von KP (53783) 2006EC95. Unterhalb der Bildmitte steht NGC 691, ein SA(rs)-Typ mit einer Größe von 3′ x 2′, darüber, in der rechten Bildhälfte, findet sich mit IC167 (Arp31) ein Mitglied des untersuchten Samples. Über dieser entwickelten SAB-Galaxie steht schließlich noch die helle S0-Galaxie NGC 694.

NGC 691 | Aries
Hypergraph 345/3000, STL-11000M, (Norden oben, Osten links) L: 100min (1×1), mäßiges Seeing 2.4″..2.8″, Dunst, hohe Wolken Rimbach, 30.10.2006
IC 167
Hypergraph 345/3000, STL-11000M, (Auschnitt v. obigem L-Bild + RGB Daten) L: 100min (1×1, s. ob. Bild), R:20min, G:16min, B:20min (2×2, SBIG Filter), Dunst, hohe Wolken Rimbach, 30.10.2006

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